Nachruf auf Dr. Christian Lekon, Ankara (1966-2025)

Mit Trauer und Bestuerzung muessen wir bekannt geben, dass unser lieber Freund und Kollege Christian Lekon gestorben ist. Noch wissen wir nichts Naeheres ueber die Umstaende seines Todes. Christian war Dozent an der Fakultaet fuer Politikwissenschaften der Ankara Yıldırım Beyazıt University (AYBU), die seinen Tod auf der Webseite bekannt gab: 
https://www.linkedin.com/posts/ayb%C3%BC-siyasal-bilgiler-fak%C3%BCltesi-9374b6356_activity-7373328838128209922-Ntm8
Christian Lekon ist dem Verein fuer Geschichte des Weltsystems von Beginn an verbunden. Er absolvierte sein Studium an der Universitaet Hannover unter der Betreuung von Helmut Bley. Mit seiner Dissertation an der London School of Economics ueber den Hadhramaut wurde er zum anerkannten Fachmann fuer West- und Sued-Asien. Mit dem 2019 bei Routledge erschienen Buch “Modernist Reformers in Islam, Hinduism and Confucianism, 1865 – 1935: Peripheral Geo-culture in the Modern World-System” hat er die vergleichende Religions- und Nationalismus-Geschichte in Weltsystemstudien fest etabliert. Die Weltsystemanalyse bot ihm einen wichtigen Einordnungsrahmen. Dabei hat er eigene Akzente fuer die Erforschung West- und Suedasiens sowie des Osmanischen Reichs gesetzt.
Lekon war ein engagierter Universitaetslehrer, wie die Eintraege auf der Todesnachricht der Universitaet zeigen, bei seinen Studierenden sehr beliebt. Er ist Autor vieler wichtiger Aufsaetze (siehe Publikationsliste) sowie Herausgeber des Schwerpunkts der ZWG zum “Ende der Imperien”. Er wirkte in der HerausgeberInnen-Runde der ZWG mit, schrieb regelmaessig darin und war auch an der redaktionellen Bearbeitung der Texte beteiligt. Seit einigen Jahren hat er die Funktion des Review-Editors fuer die ZWG uebernommen und mit grossem Eifer und Erfolg betrieben.
Christian hatte seinen letzten Auftritt im Rahmen des Vereins im Oktober 2023 am Workshop “Konzepte und Zugänge zur Globalgeschichte” an der FernUniversitaet Hagen. Er referierte zum Thema “Weltgeschichte aus spätosmanischer Sicht”.
Auch die Tagung “Ende der Imperien?”, die am 6.9.2025 in Noltes Historisch-Politischem Colloquium an der VHS Barsinghausen stattfand, hat Christian Lekon mitorganisiert. Er tauchte nicht auf und erst langsam erfuhren wir es: Er konnte aufgrund seines Todes nicht mehr kommen, sein geplanter Vortragstitel lautete: “Das Ende von Imperien und der Aufstieg der Nationen in der Gegenwart. Oder ist ein neues Imperium noetig?”
Der Weltgeschichts- und der Weltsystem-Forschung ist ein vielversprechender Forscher verloren gegangen. Dem Verein und der HerausgeberInnen-Runde der ZWG ein liebenswerter Kollege und engagierter Mitarbeiter. Wir werden Christian sehr vermissen.
Im Namen des Vorstandes
Andrea Komlosy
Nachsatz: Sollte jemand mehr ueber die Umstaende von Christians Tod herausfinden, bitten wir um Bekanntgabe. Seiner Frau, Aysen Dilek Lekon, und seiner Familie uebermitteln wir unser tiefes Beileid.
Publikationen Christian Lekon
Buecher (Monographien und Herausgeberschaften):
Time, Space and Globalization. Hadhramaut and the Indian Ocean Rim = Zur Kritik der Geschichtsschreibung Bd.12, Gleichen 2014 (Muster-Schmidt).
Christian Lekon, Asli Vatansever Hg.: Schwerpunkt Islam und Saekularisierung = ZWG 16.1 (2015)
Modernist Reformers in Islam, Hinduism and Confucianism, 1865 – 1935. Peripheral Geoculture in the Modern World-System. Routledge 2019, rez. in ZWG 20.1. (2019).
Christian Lekon Hg. Schwerpunkt Das Ende der Imperien = ZWG 24.1 (2023)
Beitraege in Sammelbaenden und Fachzeitschriften:
The Impact of Remittances on the Economy of Hadhramaut, 1914 – 1967. In: Ulrike Freitag, William Clarence-Smith (Hrsg.): Hadhrami Traders, Scholars and Statesmen in the Indian Ocean, 1750s – 1960s. Leiden 1997. (Google Books)
Economic Crisis and State-Building in Hadhramaut, 1941 – 1949: The Impact of the Decline of Southeast Asian Remittances. In: Ahmed Ibrahim Abushouk, Hassan Ahmed Ibrahim (Hrsg.): The Hadhrami Diaspora in Southeast Asia: Identity Maintenance or Assimilation? Leiden, Boston 2009.
Nationalismus und religioese Reformer in Islam, Hinduismus und Konfuzianismus um 1900, in: Hans-Heinrich Nolte Hg.: Nationen und Nationalismen in Geschichtsschreibung und Erinnerungskultur = Zur Kritik der Geschichtsschreibung Bd. 16, Gleichen 2020 (Muster-Schmidt) S. 86 -99.
Aegyptischer Reformislam und Saekularisierung, 1870 – 1935, in: ZWG 16.1 (2015), S. 63-94.
Hadhramaut im Migrationssystem des Indischen Ozeans, in: ZWG 3.1 (2002), S. 59-80.
Die angloamerikanische Politik und die Oelfirmen im Mittleren Osten 1901 – 2004, in: ZWG 5.2 (2004), S. 79-98.
Das Moderne Weltsystem als Globales Zwischengesellschaftliches System:
Versuche einer Synthese Wallersteins und Giddens, in: ZWG 18.1 (2017), S. 21-38.
China auf dem Weg zum Informal Empire? Die Belt and Road Initiative in der Region des Indischen Ozeans, S. 83-113, in: ZWG 24.1. (2023), S. 83-113.
Rezensionen:
Dietmar Rothermund, Susanne Weigelin-Schwiedrzik Hg.: Der Indische Ozean, in: ZWG 6.1 S. 121 f.
Bildungsportal Welt- und Globalgeschichte, in: ZWG 7.1 S.130f.
Andrea Komlosy: Grenzen. Raeumliche und soziale Trennlinien im Zeitenlauf, Wien 2018, in: ZWG 19.2 (2018), S. 415-417.
Tilman Nagel: Die erdrueckende Last des ewig Gueltigen. Der sunnitische Islam in dreissig Portraetskizzen, 2 Bd.e, Berlin 2018, in: ZWG 19.2 (2018), S. 421-428.
Religion in Contemporary Asia Series, London u. New York 2019, in: ZWG 20.1 (2019), S. 227-230.
Sabine Deutzmann: Die britische Iranpolitik 1946?1954. Binnenprozesse der britischen Diplomatie (Politik u. Geschichte 9), Berlin 2019, in: ZWG 20.2 (2019), S. 531-535.
Carolin Liebisch-Guemueş: Verflochtene Nationsbildung. Die Neue Tuerkei und der Voelkerbund 1918 – 38. Berlin u. Boston 2020, in: ZWG 22 (2021), S. 378-382.
